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Geschichte der Stadt Konstanz

"Extrablatt aus dem Kaiserl. Königl. Zeitungs Comptoir" von 1773

Constanz, den 16. Jenner 1773, flattert ein "Extrablatt aus dem Kaiserl. Königl. Zeitungs Comptoir": Auf allerhöchste Erlaubnis Sr. Röm. Kaiserl. Apost. Majestät usw. dürfen in allerhöchsten Erbländischen großen Städten "masquirte Bälle" wiedermal abgehalten werden. Dahier in Constanz sollen neun solche heute, den 16. Jenner, ihren Anfang nehmen, sofort jede Woche zweymal, nemlich Sonntag und Mittwoch, nach dem 7. Februarii wohl auch dreymal. Jedermänniglich stehet es frey, dabey in Masque oder eigenem Kleide, jedoch letzten Falls, mit der Larve vor dem Gesicht, zum Tantzen zu erscheinen, damit nemlich, dem aller Orten eingeführten Gebrauch zuwider, schier niemand Ursache habe, einen Unterschied des Standes im Tantzen oder Sitzen, als welches durchaus nicht geduldet wird, beyzulegen oder zu scheuen. Bescheidenheit aller an diesem öffentlichen Ergötzen Teilnehmenden wird in summa vorausgesetzt. Nur sind verunstaltende und ekelhafte Masquen, gleich wie auch jene, welche die Leibesgestalt ganz verdecken, als Riesen, Zwerge, Kästen, Zuckerhüte usw., nicht weniger die Vorstellungen des welschen, italienischen, Theaters, nemlich "Arlequins", Possenreißer, Hanswurste, und "Policinellen", Policchinella: auf der ital. Schaubühne eine Charakterolle von satyrischem Geiste und burleskem Aussehen, ein Hanswurst, eigends untersagt. Ferner soll niemand sich auf der Gasse zu Fuß mit der Larve vor dem Gesicht betretten lassen. Item bestimmt die "Ballordnung" weiter: Dem Vergnügen des Publikums wird Rechnung getragen: Gute und verstärkte Orchestermusik wird geboten, Wachskerzen werden leuchten und die "Verzierungen" in dem adelichen Zunft- oder Gesellschaftshaus "Zur Katzen" werden im dortigen geräumigen Tantzsaal alle ergötzen, zumal dermalen noch das Eintrittsgeld auf 45 kr. für jede Person gesetzt ist. Auch wird zu allem hin für gute Bedienung und für "leidentliche" Preise sowohl am "gedachten" Ballort, wie auch in denen Gasthöfen, wo Fremde zum Genießen oder Redouten-Ergötzlichkeiten ihre Einkehr nehmen müssen, gesorgt werden. Etwaige Beschwerden möchten gegebenenfalls beim diesseitigen Ratsherrn Frey, dem angestellten Ball-Commissario, gemeldet werden. Zuschauer endlich bezahlen an den für sie in dem Tanzsaal ausgeschiedenen Orte 12 kr. Schließlich wird in einer "Nachricht" in deutsch und französisch, auch das Gastronomische geregelt: Zum Fasching soll es im hiesigen Kommödiensaal bei den "masquirten Bällen" an nichts mangeln: Der Burger Joh. Nep. Schlachter, der Traiteur des Ballhauses, trägt Eßwaren und Getränke auf, in guter und echter Qualität, noch richtigem Maß und Gewicht, nach taxirtem Preis. Verstoß dagegen kann dem Kommissar, Magistratsrat Valiere, mitgeteilt werden, welcher alles unächt, verdorben, verfälscht Erfundene "ausschüttet und hinwegwirft". "Betroffene" wird er alsbald zur Verantwortung ziehen. Im einzelnen werden folgende Preise in Gulden und Kreuzern festgesetzt: Schunken, aufgeschnitten, 20 kr., Geselchte Rindszunge 20, Wildprät mit Essig und Öl 20, Kälberbroten 20. Ein gebratener Kapaun 1 fl. 36 kr., eine gebratene Ente 56 kr., ein warmer kälb. Braten mit Salat 20, Kalte Pastete 20. Ein Dörtlein von Butterteig 4 kr., dito größer 6, dito noch größer 12, dito von Pisquit 6, dito von Mandeln 8. Ein Teller feinstes Confect 24 kr. Papillotes, gewickeltes, gerolltes Gebäck, 24 kr. je Viertelpfund, dito Chokolade 30. Ein Becher Gefrorenes 24. Die ausländischen Weine kosten je Bouteille: Champagner 2 fl. 24, Burgunder 1 fl. 24, Malaga 1 fl. 24, Rhein 1 fl. 22. An einheimischen Landweinen sind zu haben, je nach Maß, Tyroler, weiß oder rot, 40 kr., Markgräfler 36, Seewein 16. Eine Tasse Kaffee, mit oder ohne Milch, 8 kr. Eine Portion Thee 10, ein Becher "Bunsch" 24, dito Chokolade 14; Limonade, Mandelmilch, Siropp, je "Schoppen", sowie das Gläschen verschiedener Liqueurs 6 kr. Der Traiteur besteht bei "Abnahme des Verlangten" auf bare Bezahlung; er seinerseits aber wird auch seine geschätzten Gäste aufmerksam und zu voller Zufriedenheit zu bedienen ohnausgesetzt und jederzeit sich angelegen sein lassen.


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Quellen
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10.03.2003
Uli Topka
Die Kulturgemeinde 1961(2), Heft 5, Autor: Otto Weiner