zurück zur Hauptübersicht
zurück

Geschichte der Konstanzer Fasnacht

Die Konstanzer Fasnacht 1884

In diesem Jahr lag die Fasnachtszeit sehr günstig im Kalender. Der »Schmutzige Dunschtig« fiel auf den 21. Februar, so daß den Narren genügend Zeit für ihre Vorbereitungen blieb. Den Elefanten juckte die dicke, närrische Haut schon recht zeitig. Jung und alt versammelten sich bereits am Dienstagabend des 12. Februar in der »Bierbrauerei Kees« an der Marktstätte zu einem närrischen Aufzug. Ziel war die Gaststätte »Sonne« in der Hussenstraße. (Artikel in der KNZ, Nr. 44, 14.2.1884) »Um 8 Uhr war Abmarsch, nachdem vorher die trefflich geschulte Elefantenkapelle die Anwesenden mit einer ihrer wohlklingenden Weisen erquickt hatte. In der »Sonne« entwickelte sich alsbald ein reges närrisches Treiben. Eröffnet wurde dasselbe durch einen Vortrag der Kapelle, worauf der Präsident die zahlreich Erschienenen willkommen hieß. Die Absingung der bekannten Narrenlieder bildete den Übergang zum gemütlichen Teil. Die hierauf folgenden Vorträge der Kapelle, worunter namentlich der »Elephantenschlummer« und der »letzte Elephant« sich durch ein künstlerisches Arrangement bemerkbar machten, fanden allgemein Beifall und wurden auf das lebhafteste applaudiert. (...). Der Abend verlief unter komischen Vorträgen und heiteren Szenen in ächt elephantischer Weise...« Das war die Geburtsstunde der später erfolgreichen »Elefantenkonzerte«.

 Die Mitglieder der Elefanten arrangierten am »Schmutzige Dunschtig« einen Zigeunerwagen. (Artikel in der KNZ, Nr. 53, 23.2.1884:) »Derselbe bewegte sich durch alle Straßen der Stadt, die Kinder mit dem bekannten »Narro, Narro siebo si« in hellen Haufen hinterher. Einer der Zigeuner warf fortwährend Kastanien, Feigen etc. unter die Kinder aus, wobei es beim Auffangen manch' heitere Szene absetzte. Sonst war tagsüber außer einigen kleinen Mäskerchen, die sich auf den Straßen tummelten, nichts zu sehen. Abends veranstalteten ein Theil der Mitglieder des Gesangvereins »Eintracht« einen Zug

In der Fasnachtszeit des Jahres 1884 machten erstmals die »Niederbürgler« in der »Konstanzer Zeitung« von sich reden, und zwar unter der Rubrik »Mittheilungen aus dem Publikum« (Artikel in der KNZ, Nr. 54, 24.2.1884): »Ein recht närrisches Leben scheint sich in diesem Fasching hier zu entwickeln; nicht nur die Elephanten, Bären und andere Gethiere, sondern sogar die sonst so ruhigen Bewohner der ältesten Niederlassung unserer Stadt, die Niederburger, sind aus dem Winterschlaf erwacht und haben sich zu einer Narrengesellschaft in ihrer Stammburg (Buck) zusammengethan, allwo auch das Modell von der Burg ihrer Vorfahren aus der Pfahlbauzeit zu sehen ist, welches bis jetzt dem Rosgarten nicht einverleibt ist. (...) Auf Fasnachtsmontag wurde ein kostümierter Frühschoppen beschlossen, wobei die hochpolitische Tagesfrage über die Schädlichkeit des Frühschoppens endgültig erledigt und letztere zur Beruhigung der Rechtsboten vertilgt werden soll.«

Die Elefanten ließen sich wieder etwas ganz Besonderes einfallen. In Anlehnung an den damals populären Bestseller, den utopischen Roman von Jules Verne, gestalteten sie eine »Reise um die Welt in 80 Minuten« nach dem erfolgreichen Muster des vorangegangenen Jahres: Zuerst wurden die einzelnen Szenen am Fasnachtssonntag und Rosenmontag dem neugierigen Publikum in Form einer Ausstellung vorgezeigt und später, am Fasnachtsdienstag, als Umzug durch die Stadt geführt. Die Ausstellung der Elefanten und das Fasnachtstreiben brachte ganz Konstanz auf die Beine. (Artikel in der KNZ, Nr. 56, 26.2.1884) »Auf der Marktstätte war kaum mehr durchzukommen, so dicht standen dort auf der ganzen Breite die Menschenmassen, angelockt durch die verführerisch schmetternde Musik und durch das kräftige »Immer herein, meine Herrschaften«, das zur Betheiligung bei der im Posthofe vor sich gehenden, von der Elephanten AG veranstalteten »Reise um die Welt in 80 Minuten« einlud. Es drängte denn auch viel Volk hinein, also daß es schwer war, in den einzelnen Welttheilen, durch welche die Reise geht, sich gründlich umzusehen und seine Hühneraugen wieder gesund und munter nach Hause zu bringen. Schon ein kurzer Besuch genügte übrigens, um sich zu der Überzeugung hindurchzudrücken, daß hier des Interessanten und Sehenswerthen die Hülle und Fülle geboten ist, Liebliches und Entsetzliches - alles höchst natürlich ...« Mit den Eintrittsgeldern der »Neugierigen« finanzierten die Elefanten ihre sehr aufwendige Ausstellung, die am Fasnachtsdienstag auf Wagen den eigentlichen Fasnachtsumzug bildete. Auch darüber war die »Konstanzer Zeitung« voll des Lobes (Artikel in der KNZ, Nr. 58, 28.2.1884): »... das war im vollsten Sinne des Wortes die Üppigkeit zu Roß und Wagen, und von den zahllosen Gästen, die von auswärts hierhergeströmt sind, wird wohl trotz dem schlechten Wetter keiner bereut haben, daß er den Weg unter die Füße, bzw. unter das Dampfschiff oder die Eisenbahn genommen hat; denn der Zug war allen Ernstes wirklich imposant. Das allgemeine Urtheil geht dahin, daß die bekannten »ältesten Leute« keines schöneren Maskenzugs in Konstanz sich erinnern können.«

Aber die Paradieser sahen auch in diesem Jahr lieber der Fasnacht zu, als selbst etwas auf die Beine zu stellen, obwohl sie ihr Narrenvater Richard Hörenberg zur Aktion ermuntert hatte. Mehr als seine Worte wirkte der Erfolg der Elefanten. Für 1884 kam ihr »etzt gots erscht richtig degege« allerdings reichlich spät.


Letzte Überarbeitung der Seite
Bearbeiter
Quellen
:
:
:
17.05.2003
Uli Topka
Konstanzer Fasnacht, Herbert Hofmann, 1985