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Geschichte der Stadt Konstanz

"Schweizerkrieg" oder "Schwabenkrieg von 1499"

Burkhard von Randegg, ein rabiater Landadeliger aus dem Hegau, gab seinem Haß gegen das aufstrebende bäuerlich-städtische Bündnis eine komödiantische Note: Eines Tages stellte er eine als Braut verkleidete Kuh auf den Brückenkopf von Gailingen. Den eidgenössischen Brückenwächtem auf der anderen Rheinseite ließ er zurufen, die Braut sei nun da und warte auf den Schweizer Bräutigam.

Was heute wie ein derber Fasnachtsscherz wirkt, war Ausdruck tiefer politischer Entfremdung zwischen den Nachbarn beiderseits des Rheins. Bereits 1460 hatte das im Reich gefürchtete nichtadelige Bündnis der Eidgenossen österreichische Herrschaftsrechte im Thurgau gewaltsam an sich bringen und damit den territorialen Einfluß der Eidgenossenschaft bis an die Grenze der reichsunmittelbaren Stadt Konstanz ausdehnen können. Andererseits begegnete der Herrscher des Reichs den eidgenössischen Emanzipationsbestrebungen mit einer akzentuierten "Reichspropaganda", deren Ziel war, die Schweizer wieder auf Reichslinie zu bringen.

Doch das Gegenteil trat ein: Die Stimmung zwischen den Städten und Adelshäusern des "Schwäbischen Bunds", einer 1487 gegründeten "Kampforganisation im Dienste Habsburg-Österreichs gegen die aufstrebenden Wittelsbacher und die Eidgenossenschaft" (Franz Götz) und den Eidgenossen war um 1490 zum Platzen gespannt. Nach ihren Siegen in den Burgunderkriegen hielten sich die Eidgenossen für unbesiegbar.

Die "schwäbischen" Nachbarn zwischen Hochrhein und Bodensee machten ihrer unterschwelligen Furcht vor dem freiheitsuchenden Bauernhaufen durch üble Schmähungen Luft. Das böse Spottmotiv vom "Kuhschweizer", der seinem Vieh sodomitisch zugetan sei, war Teil einer vor allem von Landadligen im Hegau geschürten Propaganda, deren Ziel der Krieg war.

Eine Sonderrolle kam der Reichsstadt Konstanz zu. Vor sich die herandrängenden Eidgenossen und im Rücken den drohenden König Maximilian, der massiv den Beitritt der Stadt zum Schwäbischen Bund forderte, bemühte sich die Stadt um Neutralität. Nicht Schwabe und nicht Schweizer, "nur als Constanzer" wolle man sein, charakterisiert ein Konstanzer Chronist diese Haltung. Doch am 3. November 1498 erzwangen Gesandte des Königs den Beitritt der Stadt.

Nach dieser Provokation bot ein Grenzstreit in Graubünden den Anlaß zu ersten Kriegshandlungen. Der Funke schlug auf den Bodensee über. Die Kriegspartei sah ihre Stunde gekommen, mit dem als feindlich empfundenen Bündnis freier Bauern und Städte abzurechnen. "Räuchern und brennen" wolle man im Schweizerland, erklärte "Burkhard von Randegg", "daß der Herrgott auf dem Regenbogen vor Rauch blinzelt und vor Hitze die Füße an den Bauch zieht", wie Franz Götz in einem neuen Aufsatz zum Thema zitiert. Doch die nicht weniger kriegswütigen Eidgenossen kamen dem Schwäbischen Bund zuvor. In drei Raubzügen in den Hegau eroberten ihre Kriegshaufen Burgen der Region, zerstörten Dörfer, plünderten und mordeten, was vor ihre Hellebarden und Spieße kam.

Im April des gleichen Jahres schlug der Schwäbische Bund erstmals zurück. Auch seine Truppen kämpften, wie der zeitgenössische Chronist des Schwaben- oder Schweizerkrieges, Willibald Pirckheimer notierte, nicht so sehr wegen des "kriegerischen Ruhmes", sondern "vom wechselseitigen Haß getrieben".

Am frühen Morgen des 11. April zogen rund 6000 Fußsoldaten und 600 Reiter aus Konstanz aus, in der Hoffnung, die im Feldlager von Schwaderloh auf dem Seerücken lagernden Eidgenossen zur Entscheidungsschlacht herausfordern zu können. Die Schweizer, zahlenmäßig unterlegen, blieben verborgen. Da überfielen die Schwaben das thurgauische Dorf Ermatingen, erschlugen 300 Mann Besatzung und ermordeten zahlreiche Bewohner des Dorfes.

Mit Beute schwer beladen, zog das schwäbische Heer in zwei parallel marschierenden Kolonnen am Seeufer Richtung Konstanz zurück. Nun griffen die Eidgenossen vom Hügel herab an, trennten Fußvolk und Reiterei und übten Rache: Etwa 2000 Mann wurden an diesem Tag in den Feldern erstochen und erschlagen. Der Anblick der übel zugerichteten Leichen, denen die Eidgenossen zudem, damaligem Kriegsbrauch folgend, Kleider und Stiefel abgenommen hatten, erschreckte die Zeitgenossen und steigerte den schlechten Ruf der Schweizer.

Nach mehreren ähnlichen Raubzügen und Scharmützeln bis binauf an den Hochrhein kam es im Jahr 1499 bei Dornach in der Nähe von Basel zur Entscheidungsschlacht. Rund 16000 Soldaten des Schwäbischen Bunds stießen auf die Eidgenossen. Doch erneut siegten die Schweizer. Neben Tausenden Schwaben fiel auch deren Heerführer Graf Heinrich von Fürstenberg.

Nun verloren die Mitgliedsstädte und Adelshäuser der Region die Lust an weiteren Auseinandersetzungen. Der am 22. September 1499 in Basel geschlossene Friede befreite die Eidgenossen von Steuerzahlungen ans Reich, erreichte Freistellungen von Beschlüssen des Wormser Reichstages und sicherte ihnen nun auch das bisherige Konstanzer Landgericht über den Thurgau.

Damit war zweierlei von jahrhunderteweiter Bedeutung erfolgt: Die Eidgenossenschaft war zwar rechtlich weiterhin dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation verbunden. Doch faktisch beginnt mit dem Ende des Schwaben- oder Schweizerkriegs die bis heute bestehende Grenzziehung zwischen dem nördlichen und dem südlichen Ufer des Bodensees: Dort der "Sauschwob", hier der "Löhli" oder "Kuhschweizer".


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06.10.2002
Uli Topka
Südkurier Nr. 82, Samstag, 10. April 1999