Geschichte des Laternentanzes |
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Der Laternentanz blickt nun schon auf eine jahrzehntelange Tradition seit seiner Gründung im Jahre 1938 durch den Blätzlevatter Ludwig Müller zurück. Dieser rief den Laternentanz vier Jahre nach der Gründung der Blätzlebuebe-Zunft als Brauchtum ins Leben. Getanzt im eigentlichen Sinne wurde damals nicht. Vielmehr verlas der "Polizeiblätz" auf seinem Rössle, das zwei Blätzlebuebe an Seilen im Zaun hielten, einen "Narrenspiegel", der politisch und lokale Geschehnisse glossierte. Grundidee der Aufführung ist das Rügerecht des Narren.
Die Idee, die Ludwig Müller
mit dem Laternentanz verfolgte, ist bis heute dieselbe geblieben, jedoch
die Form und Gestalt hat sich im Laufe der Jahre drastisch gewandelt. Der
Ursprung des Laternentanzes bezieht sich auf ein Edikt aus dem Jahre 1388
in dem der "Hohe Rat zu Konstanz" dem normalen Bürger alles Lebenswerte,
nämlich das Nachtleben, untersagt. Es sei denn, der Nachtschwärmer
leuchtet sich selber heim und macht die braven Bürger durch eine Laterne
auf seine schändlich lasterhaften Nachteskapaden aufmerksam. Der
Laternentanz verhöhnt nun in Tanz, Wort und Gebärde die Obrigkeit,
die solch lebensfeindliche Edikte den Bürgern der Stadt
auferlegt.
Der Ablauf, den sich Ludwig
Müller für den Laternentanz erdachte, sieht wie folgt aus: Zu einer
festgelegten Stunde morgens, mittags, abends oder sogar in der Frühe
ziehen die Blätzlebuebe in einem langen Umzug durch die Stadt. Dieser
wird durch den Täfelebue, als Träger der großen Zunftlaterne
angeführt, es folgt der Bannerträger und hiernach der Fanfarenzug
mit Trommler und Pfeifenchor unter Führung des Fanfarenmeisters. Nun
kommt der "Hohe Neunerrat" und an dessen Spitze der Blätzlevatter oder
Zunftmeister. Der Rat wird durch 20 bis 30 Kerzenlaternen tragende
Blätzlebuebe rechts und links flankiert. Hiernach "reitet" nun der
Polizeiblätz auf imitiertem Roß. Das Polizeiroß wird jeweils
links und rechts von einem Blätzlebue an einem langen Seil geführt.
Dicht hinter dem Polizeiblätz kommt die Schar der Bätzlebuebe mit
oder ohne Kerzenlaterne. Nun wird jeder öffentliche Platz zum Schauort
des Laternentanzes. Der Polizeiblätz gebietet mit seiner mächtigen
Schelle Ruhe und der Blätzlevatter verliest den von ihm verfaßten
Narrenspiegel, in dem er städtische und politische Gegebenheiten des
vergangenen Jahres anprangert. Hiernach beginnen die Blätzlebuebe mit
Laterne den Polizeiblätz als Zeichen der Verhöhnung zu umtanzen,
hierbei werden auch die Konstanzer Narrensprüche gesungen (siehe
Narrensprüche). Die beiden Roßlenker
halten den Polizeiblätz im Zaum und hindern ihn somit am Angriff auf
die Tänzer. Dieses Schauspiel und die Pausen werden vom Fanfarenzug
musikalisch untermalt.
Ludwig Müller erfand für den
Laternentanz einen regelrechten Ablaufplan und verfaßte hierfür
sogar einen Text, ein Zwiegespräch zwischen Tänzern und
Polizeiblätz, bei dessen Anfang jenes Edikt aus dem Jahre 1388 vorgelesen
wird (den genauen Wortlaut des
Edikts entnehmen sie bitte der
Seite "Zur Gestalt des
Polizeiblätz").
Hierzu muß nun gesagt werden, daß
es sich bei dieser Ausführung des Laternentanzes nur um eine
Vision des Blätzlevatters handelt. Die Uraufführung des
Laternentanzes fand in einer abgespeckten Version statt. Es gab zu jener
Zeit nämlich noch keinen Fanfarenzug der Konstanzer
Blätzlebuebe-Zunft, dieser wurde erst 1950 gegründet, und die Figur
des Polizeiblätz nahm erst 1952 in Form von Josef (Beppi) Kretz
Gestalt an. Am Schmutzige Dunschdig des Jahres 1938 zog nun diese kleine
Schar um 5.00 Uhr morgens durch Konstanz und startete somit ihren
kümmerlichen ersten Versuch der Präsentation ihres Laternentanzes.
Man muß kein Genie sein, um zu erraten, daß dieser Versuch mangels
Zuschauern scheiterte. Aus dieser Erfahrung schlau geworden führte Ludwig
Müller den Laternentanz im darauffolgenden Jahr erst abends am
Fasnachtsmontag auf.
Die Zunftchronik berichtet nun jährlich
über die Auftritte des Laternentanzes.
Zwischen den Jahren 1955 und 1964 wird
der Laternentanz nicht mehr in der Zunftchronik erwähnt, was beweist,
daß er bereits in dieser Zeit zum festen Brauchtum der
Konstanzer-Blätzlebuebe-Zunft geworden ist. Erst 1964 am 11.11.
erfährt der interessierte Leser wieder etwas aus der Chronik, nämlich
die Amtsübergabe des alten Polizeiblätz Josef Kretz an seinen
Nachfolger Albrecht Kuttruff.
1968 erfuhr der Laternentanz eine große
Wende. Annemarie (Mirle) Hug gab dem Laternentanz ein paar Nachhilfestunden
in Sachen Tanz, da beim
Laternentanz
bis dato von "Tanzen" nicht die Rede sein konnte. Sie studierte mit dem
Laternentanz eine Choreographie ein, die noch bis zum heutigen Tage ihre
Aktualität behalten hat. Auch die Aufgaben des Polizeiblätz
änderten sich dergestalt, daß aus dem einstmaligen Zwiegespräch
ein reines Vortragen des Edikts von 1388 wurde.
1971 erlebte der Laternentanz nochmals
eine heftige Krise durch den Austritt ihres Polizeiblätz Albrecht Kuttruff
und zweier Ratsmitglieder aus der Blätzlebuebe-Zunft. Dieser Austritt
war nicht nur ein dunkles Kapitel für den Laternentanz sondern sollte
sich noch als harter Schlag für die Zunft entpuppen, an dem diese, dank
der kräftigen Führung des damaligen Zunftmeisters Franz Kuster
und der verbliebenen Räte, nicht zerbrach. Auch der neuen Führung
des Laternentanzes war es zu verdanken, daß dieser durch jene schwere
Zeit hindurch nicht unterging. Kuttruff-Nachfolger Otto Hempel und
Annemarie (Mirle) Hug hielten den Laternentanz durch starke Hand zusammen,
sie machten ihn in dieser Zeit zu dem, was er heute ist. 1983 wurde der
Laternentanz optisch und akkustisch aufpoliert. Eine große
Laterne, die von Michale Rechziegel gebaut und von Walter
Kaiser bemalt wurde, wird in Zukunft dem Laternentanz
vorangetragen.
Durch die Übergabe der Laternentanzleitung
an Mathias (Ritchy) Reichert gelang es dem bislang als
Zunftbegleiterscheinung laufenden Laternentanz mehr Selbstbewußtsein
zu gewinnen und sich aus dem Schatten des Fanfarenzugs, der eigentlich nur
zur Untermalung des Laternentanzes ins Leben gerufen worden war, zu einem
festen Standbein der Zunft zu entwickeln. Nach der Amtsabgabe von Mathias
Reichert 1995 fand der Laternentanz in Ina Kelm und Nicole Noll
eine neue, wiederum nur schwer zu ersetzende Leitung, die ihre Aufgaben
in und um den Laternentanz bestens bewältigt.
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01.01.2002 Uli Topka Texte von Peter Längle und Heinz Hug |